Unschöne und unwahre Gerüchte, die einer Richtigstellung bedürften, würden vom politischen Gegner immer wieder gestreut, schreibt Norbert Hofer in einem Brief an zahlreiche AuslandsösterreicherInnen, der für Verärgerung und zahlreiche Beschwerden beim Fernmeldeamt gesorgt hat. Massenmails dieser Art sind nicht erlaubt, welche Botschaft war es Norbert Hofer also wert, dieses Verbot zu missachten?
„Leider musste die ursprünglich für Oktober vorgesehene Stichwahl in Österreich erneut verschoben werden, da dem für die Wahl zuständigen Innenministerium bei der Produktion der für die Briefwahl notwendigen Wahlkarten Fehler unterliefen. Meine Kritik an dieser Pannenserie wurde von etlichen Medien und politischen Mitbewerbern allerdings als eine Forderung nach einer Abschaffung der Briefwahl gewertet. Eine solche Interpretation ist jedoch völlig falsch. Ich wollte niemals den Auslandsösterreichern ihr Wahlrecht entziehen.“
Stimmt das? Norbert Hofers Partei, die FPÖ, ist bekannt für ihre Forderung nach Abschaffung der Briefwahl. Im Gespräch mit der Neuen Freien Zeitung, der Parteizeitung der FPÖ, hatte etwa Klubdirektor Norbert Nemeth am 2. Juni auf die Frage der NFZ „Die FPÖ hat die Briefwahl von jeher abgelehnt. Sehen Sie die Haltung des FPÖ-Klubs durch die aktuelle Diskussion bestätigt?“ die klare Antwort: „Die FPÖ wurde wieder einmal voll bestätigt.“ und nannte als Verbesserungsvorschlag des Briefwahlrechtes: „Am besten wäre es, sie abzuschaffen.“
Auch von anderen Parteikollegen Hofers gibt es ähnliche Aussagen. Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache nimmt bei seiner Forderung nach persönlicher Wahl am 9. September 2016 in der Wahlzelle oder mittels Wahlkarte allerdings die Briefwahl im Ausland aus. Auch Johann Gudenus schlägt in einer OTS mit dem Titel „Gudenus: Briefwahl abschaffen” in dieselbe Kerbe wie Strache:
„Nach jeder Wahl gibt es Probleme mit den Briefwahlstimmen. Es ist höchste Zeit, hier einen mutigen Schritt zu tun, indem man diese Wahlmöglichkeit – ausgenommen sind hier selbstverständlich Auslandsösterreicher – einfach abschafft.“
Die Parteilinie der FPÖ scheint also klar: Das Briefwahlrecht gehöre drastisch reformiert oder gar abgeschafft. Die AuslandsösterreicherInnen sollen aber wohl weiterhin wählen dürfen.
Und was sagt Norbert Hofer dazu?
„Jeder Österreicher hat ein Recht darauf, dass seine Stimme bei der Wahl gezählt wird. Sollte das aufgrund der bekannten Pannen bei den Briefwahlkuverts nicht gewährleistet sein, so muss man überlegen, diesmal einvernehmlich auf die Briefwahl zu verzichten“
regte Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer in einer OTS vom 9. September 2016 an.
Die AuslandsösterreicherInnen nahm Hofer in seinem Vorschlag zum Verzicht auf die Briefwahl dabei nicht aus. Lediglich das Wahlrecht jedes Einzelnen müsse also gewährleistet werden – zur Durchführung hat er andere Ideen: Fliegende Wahlkommissionen für Spitäler und Pflegeheime und Wahllokale an Flughäfen und Bahnhöfen.
Hofers letzter Satz, er habe niemals den Auslandsösterreichern ihr Wahlrecht enziehen wollen, ist somit also halbrichtig. Auch wenn er diese Intention nie geäußert hat, seine Forderung nach Abschaffung der Briefwahl hätte dies zumindest für einzelne ÖsterreicherInnen zur Folge. Seine Aussage, seine Kritik an den Pannen der Briefwahl als Forderung nach Abschaffung der Briefwahl zu werten, sei völlig falsch lässt sich hingegen nicht bestätigen. Der Vorschlag einvernehmlich auf die Briefwahl zu verzichten lässt sich zweifelsohne als Forderung nach Abschaffung der Briefwahl interpretieren.
Fotocredit Norbert Hofer (Kleines Bild): Parlamentsdirektion / Photo Simonis