Wahlkämpfe können hart sein. In den letzten Jahren hat sich auch in Österreich die Praxis breit gemacht, eher dem Konkurrenten zu schaden, als sich selbst thematisch zu positionieren. So wird im aktuellen Wahlkampf immer wieder die Behauptung laut, Van der Bellen sei einmal ein Kommunist gewesen. Ist er das? Und auf was basieren diese Behauptungen? Wir haben den Check gemacht.

Anstoß war Van der Bellens Aussage, einmal bei einer Wahl in Innsbruck die KPÖ gewählt zu haben. Später meinte er dazu, dass es sich hier um eine reine Protestwahl gehandelt hätte. Sein Gegenkandidat im Rennen um die Hofburg, Norbert Hofer, nahm das zum Anlass, den Ex-Grünen-Parteichef in die Nähe von kommunistischem Gedankengut zu rücken.

Parteipolitisch hat der Präsidentschaftskandidat damit nicht viel zu tun. Die politischen Ambitionen von Alexander Van der Bellen begannen in der Ära Kreisky. Obwohl aus einem gut bürgerlichen (und nach eigenen Aussagen antikommunistischem) Haus, schlug sich der junge Tiroler auf die Seite des Kanzlers, trat sogar der SPÖ bei. Wirklich aktiv war er dort allerdings nie. Als die Mitgliedsbeiträge ausblieben wurde er auch wieder aus der Kartei entfernt. Van der Bellen schreibt darüber in seiner Autobiographie: “Mitte der siebziger Jahre trat ich dann der SPÖ bei, was weder für mich noch für die Partei von herausragender Bedeutung war.”

Von revolutionären Tendenzen hier keine Spur. Aktiv wurde Van der Bellen erst wieder viele Jahre später – 1997 übernahm er den Vorsitz der grünen Partei.

Wie sieht es bei der Ideologie aus? Kommunismus wird vor allem an seinem Wirtschaftsverständnis gemessen. Der vereinfachte Grundgedanke besagt, dass nicht der freie Markt (und damit der offene Wettbewerb), sondern der Staat Preise und Gehälter regelt [1]. Als Gegenstück zu der auf Karl Marx basierenden Ideologie wird der Liberalismus gesehen. In seiner 2015 erschienen Biographie spricht sich dabei Van der Bellen für einen „Liberalismus angelsächsischer Prägung“ aus. Van der Bellen hielt  nicht nur lange an dem umstrittenen – und vor allem von Linken strikt abgelehnten – Freihandelsabkommen  TTIP (das er später wieder in Frage stellte) fest, sondern äußerte sich auch positiv über Studiengebühren. Beides zwei Punkte, die mit einer kommunistischen Ideologie kaum vereinbar sind.

Bei wirklichen linken Strukturen hat es Van der Bellen teilweise sogar relativ schwierig und wird eher gewählt, weil er das kleinere Übel darstellt, als dass er Menschen dieses politischen Spektrums wirklich überzeugen würde. Selbst der politische Geschäftsführer der Jungen Grünen (die als sehr links gelten) Marcel Andreu, schoss sich unlängst auf den 72-jährigen ein. Jene Linke, die Van der Bellen “trotz allem” unterstützen würden, seien entweder nicht besonders klug – oder gar nicht links. Mit offener Kritik wurde auch das Bekanntwerden Van der Bellens Kandidatur, Anfang 2016 kommentiert:

So sehr die Jugendorganisation der Grünen auch die gesellschaftspolitisch liberalen Einstellungen von Van der Bellen schätzt, so sehr warnt sie vor seinen mittlerweile teils neoliberalen wirtschaftspolitischen Positionen. Die zustimmende Haltung zu neoliberalen Projekten wie TTIP, Bankenrettungen, Studiengebühren und mehr Einfluss der Wirtschaft auf Hochschulen sind Zeugen dieser wirtschaftsliberalen Geisteshaltung.“

Fazit: Van der Bellen vertritt eine eher liberale volkswirtschaftliche Sicht, wird von Vertretern der Linken aufgrund seiner politischen Vorstellungen teilweise heftig kritisiert und bezeichnet seine Stimme für die KPÖ als “Protestwahl” und “Fehler”. Der Vorwurf, Van der Bellen sei ein Kommunist, oder jemals einer gewesen, ist damit nicht haltbar.

 

 

[1]  Frank R. Pfetsch: Theoretiker der Politik: Von Platon bis Habermas, Wilhelm Fink Verlag, 2003, S. 454.

 

Edit: Paul hat uns auf Facebook darauf hingewiesen, dass Karl Marx, der für viele als Vater des Kommunismus gilt, für Studiengebühren war. “Wer Studiengebühren ablehnt, der verteidigt Privilegien der Satten und Besserverdienenden”, soll Marx gesagt haben. So wird er auch in der “Zeit Online” zitiert. Insofern wollen wir die Aussage, dass sich Studiengebühren und Kommunismus als Weltanschauung ausschließen, etwas relativieren. Man lernt nie aus.

Fotocredit Norbert Hofer (Kleines Bild): Parlamentsdirektion / Photo Simonis