Was im Bund diskutiert wird, ist im Burgenland längst Realität: Eine rot-blaue Koalition, also eine Regierung aus SPÖ und FPÖ. Seit der burgenländischen Landtagswahl im Mai 2015 ist die Burgenländer FPÖ, die im Wahlkampf mit Sicherheit als Hauptthema geworben hat, Juniorpartner in einem rot dominierten Bundesland. Das hat zu Parteiaustritten und Kritik geführt – nicht zuletzt auch, weil in einem Parteitagsbeschluss der Sozialdemokraten festgelegt war, dass eine Koalition mit der FPÖ tabu sei. Mittlerweile gilt das scheinbar nur noch für den Bund.

Soviel zum Kontext. Da das Thema gerade im Bund aufkommt – die SPÖ versucht sich an einem “Kriterienkatalog”, um festzulegen, unter welchen Bedingungen sie mit der freiheitlichen Partei zusammenarbeiten würde -, hat der “Standard” beim burgenländischen SPÖ-Chef Hans Niessl nachgefragt. Und dabei fiel eine interessante Aussage:

Ich will nicht über die Pflegeleichtigkeit diverser Landesgruppen spekulieren, aber in unserem Koalitionsübereinkommen ist auch eine Absage an jeglichen Fundamentalismus und Extremismus festgeschrieben – und ist Ihnen aus dem Burgenland seitdem jemals irgendetwas aus der Richtung zu Ohren gekommen? Eben.

Jetzt muss man vielleicht den genaueren Kontext erwähnen: Mit “irgendetwas aus der Richtung” ist Europafeindlichkeit und Rechtsextremismus gemeint. Hier die ganze Passage:

"Standard"-Interview mit Hans Niessl, 6.11.2016

[/media-credit] “Standard”-Interview mit Hans Niessl, 6.11.2016

Und generell mag das auch stimmen. Zumindest, was FPÖ-Funktionäre in der burgenländischen Regierung angeht.

Denn der damalige Obmann des Ringes Freiheitlicher Jugend (RFJ) im Burgenland, Werner Wassicek, lud nur kurz nach dem Wahltermin die als rechtsextrem eingestuften “Identitären” nach Eisenstadt ein. Einmal pro Jahr hätte er diese eingeladen – und er freue sich, “dass die Identitären immer wieder unseren Einladungen folgen”, wird Wassicek in der Burgenländischen Volkszeitung (BVZ) zitiert.

2015 durften die Identitären auf Einladung des RFJ ihre damalige Kampagne “Der große Austausch” präsentieren. “Stoppt die Rechten”, eine Website, die sich mit Rechtsextremismus aller Art beschäftigt und vom grünen Nationalratsabgeordneten Karl Öllinger betrieben wird, schreibt dazu:

Der Landesobmann des RFJ Burgenland, Werner Wassicek, war empört über die Unwissenheit „namhafter Medien“, von denen er wegen des Vortrags der rechtsextremen Identitären angerufen worden sei. Die Medien wollten – so Wassicek – bestätigt wissen, dass es in dem Vortrag um Flüchtlinge ginge. Dabei ginge es um die demographische Entwicklung Österreichs, erklärte Wassicek in einer Presseaussendung: „Es ist aber kein Wunder, dass die Medien Unwahrheiten verbreiten“.

Dieses Jahr dürfte es allerdings kein Treffen zwischen RFJ und Identitären gegeben haben. Zumindest weist die Facebook-Seite der Identitären im Burgenland nicht darauf hin, auch in ihren offiziellen Berichten meiden es die Identitären, zu sehr mit der FPÖ in Verbindung gebracht zu werden. Ob die Treffen ausbleiben, weil der RFJ einen neuen Obmann hat oder weil die FPÖ sich an die Koalitionsbedingung halten muss, wissen wir nicht. Johann Tschürtz, der Chef der Freiheitlichen im Burgenland, distanzierte sich jedenfalls von den Identitären.

Ansonsten gab es eine rechtsextreme Entgleisung auf der Facebook-Seite der FPÖ Burgenland, nachdem diese sich kritisch gegen die Aussagen der Autorin Stefanie Sprengnagel geäußert hatte. Der Kommentar wurde gelöscht, später auch das Posting, und FPÖ-Landesgeschäftsführer Christian Ries distanzierte sich vom Inhalt des Kommentars. Eine unschöne Episode, die man aber keinem FPÖ-Funktionär anlasten kann.

Nicht einmal der Rechtsextremismusbericht der Grünen (Download auf der verlinkten Seite ganz unten), die gezielt auch die FPÖ beobachten und kritisieren, weist keine Kritik an den Freiheitlichen auf als die Einladung der Identitären. Uwe Sailer, der die Rechtsextremen beobachtet und sich auch regelmäßig mit der FPÖ anlegt, konnte uns das bestätigen: “Seit der Wahl 2015 ist es schon ruhig geworden.”

Auch, wenn dem RFJ und einigen anderen Personen in der FPÖ Burgenland eine ideologische Nähe zu den Identitären nachgewiesen werden kann, hat sich kein FPÖ-Politiker im Burgenland öffentlich rechtsextrem geäußert. Wir bewerten die Aussage von Hans Niessl deshalb als richtig.

Fotocredit Hans Niessl (Kleines Bild): Bratislavská župa | CC-BY 2.0