In diesem Wahlkampf ist viel davon die Rede, wer der frischeste, jüngste, neueste, andersdenkendste Nichtpolitiker sei. Alles scheint gut zu sein, solange man keine Assoziationen mit der ungeliebten großen Koalition weckt. Auf diese Karte setzt auch Sebastian Kurz mit seiner neuen ÖVP, die er als Bewegung, nicht als Partei organisieren will.

Die Oberösterreichischen Nachrichten haben deshalb Bundeskanzler Christian Kern gefragt, ob es ihn nicht ärgern würde, dass Sebastian Kurz als „der Neue“ empfunden wird und Kern antwortete:

Ärgern tut mich das ganz und gar nicht. Das sind Momentaufnahmen. Faktum ist: Er ist das längstdienende Regierungsmitglied der ÖVP.  Am Ende wird es um Substanz und Echtheit gehen.“

In dieselbe Kerbe schlug auch Heinz-Christian Strache beim PULS4-Sommergespräch mit Corinna Milborn. Als der Vergleich zwischen ihm und Sebastian Kurz aufkam, betonte er:

“Sebastian Kurz ist ja das längstdienendste Regierungsmitglied der ÖVP, seit sechs Jahren. Da hat er überall mitgestimmt, hat Ja gesagt, hat Amen gesagt.”

 

Der Spin der beiden ist also klar. Kern und Strache sind neu und anders, Kurz etablierter Teil des Politgeschehens.
Aber stimmt das wirklich, der 30-jährige Sebastian Kurz als ÖVP-Oldie?

Am 16. Dezember 2013 wurde Kurz im Kabinett Faymann II als Nachfolger von Michael Spindelegger Außenminister und führt diese Aufgabe seither aus. Seit März 2014 gehört außerdem der Bereich Integration zu diesem Aufgabenbereich und am Samstag wurde er zum ÖVP-Vorsitzenden gewählt. Davor war er allerdings im April 2011 schon als Staatssekretär für Integration tätig. Auch wenn er damit “gefühlt” schon für die ÖVP-Regierung tätig war: Offiziell war er damit noch kein Teil der Bundesregierung, wahrgenommen wurde er aber auch in dieser Funktion schon als Politiker für die Bundesregierung.

Zeitgleich mit Sebastian Kurz wurde der Tiroler Andrä Rupprechter als Minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft angelobt. Er ist auch aktuell noch Minister in der Bundesregierung Kern. Damals fiel er mit seiner ungewöhnlichen Angelobungsformel auf: „Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe und vor dem heiligen Herzen Jesu Christi.“

Am selben Tag traten Sophie Karmasin als Ministerin für Familien und Jugend, das im März 2014 neu gegründet wurde, und Wolfgang Brandstetter als Justizminister vor den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer. Die beiden sind aber – anders als Rupprechter und Kurz – parteilos und wurden lediglich von der ÖVP nominiert.
Und dann gibt es noch Hans Jörg Schelling, der zwar seit der Regierung Faymann II Finanzminister für die ÖVP ist, diese Aufgabe aber erst ein Dreivierteljahr später, am 1. September 2014 antrat.

Die Aussage von Christian Kern und Heinz-Christian Strache ist somit richtig. Sebastian Kurz ist das längstdienendste ÖVP-Regierungsmitglied, er teilt sich diesen Platz aber mit Andrä Rupprechter. Für dieses ex aequo gibt es ein knappes „richtig“ von uns.

 

Übrigens: Bei der Angelobung fiel Sebastian Kurz’ Name knapp vor dem seines Kollegen Rupprechter. Lässt man es auf Sekunden ankommen, ist Kurz tatsächlich schon ein kleines bisschen länger Minister.

 

Fotocredit Christian Kern (Kleines Bild): BKA / Andy Wenzel