“Ich bin ein Befürworter der Europäischen Union”, sagt der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter. “Trotz all dieser Probleme, die wir haben. Denn die Europäische Union hat uns Frieden gebracht.”

Im “Pressestunde”-Interview mit Mario Zenhäusern von der “Tiroler Tageszeitung” und Brigitte Handlos vom ORF geht es nicht nur um den aktuellen Krach in der Koalition, sondern auch um den Föderalismus und Europa. Der frühere Innenminister der ÖVP, die oft als die erste “Europapartei” bezeichnet wird, (siehe Faktencheck hier) verteidigt die Europäische Union. Aber in einem Satz klingt durch, dass er nicht ganz über sie informiert ist:

“Wer ist denn die EU? Die Mitgliedsstaaten! Die Kommission alleine kann ja gar nichts machen. Der sind die Hände gebunden.”

Das sieht auf den ersten Blick aus wie eine sehr falsche Aussage. Denn die EU-Kommission hat das sogenannte “Initiativmonopol” – das heißt, sie ist die einzige EU-Institution, die Gesetzesvorschläge ausarbeitet. Das EU-Parlament sowie die Staats- und Regierungschefs müssen die Vorschläge der Kommission lediglich absegnen bzw. widersprechen.

(Anmerkung: Wie Johannes Frauscher auf Facebook richtig angemerkt hat, diskutieren die Staats- und Regierungschefs keine Gesetze. Das machen die zuständigen Minister nationaler Regierungen.)

Einzige Ausnahme: Das Budget. Beim mehrjährigen Finanzrahmen und beim Jahresbudget ist die Kommission auf andere Politiker und das EU-Parlament angewiesen. Der Rat (in dem “die Mitgliedsstaaten” bzw. nationale Regierungen vertreten sind) kann Vorschläge der Kommission nur einstimmig abändern, was in Artikel 293 Abs. 1 AEUV festgelegt ist.

Wirklich “alleine gar nichts machen” kann zum Beispiel das EU-Parlament, da es kein Initiativrecht hat. Dieses reagiert im Wesentlichen auf Vorschläge der Kommission.

Dass der Kommission “die Hände gebunden” wären, kann wiederum argumentieren. Ohne die Zustimmung anderer Institutionen passiert nämlich nichts. Allerdings lässt sich diese Kritik eigentlich auf jede EU-Einrichtung übertragen – auch der Rat beschließt nicht einfach Gesetze, sondern bittet die Kommission um Ausarbeitung. Insofern ist die Kommission nicht alleinverantwortlich für die EU-Gesetzgebung. Die Gewaltentrennung der EU wird auf diesem Fact-Sheet des Europaparlaments gut erklärt.

Die EU-Kommission kann sehr wohl alleine etwas machen – nämlich Gesetze ausarbeiten und vorlegen. Sie gilt deshalb als “Motor” der Europäischen Union. Auch, wenn man auf die Gewaltenteilung und die “Nicht-Alleinherrschaft” eines EU-Organs verweisen kann – was der Tiroler Landeshauptmann hier suggeriert, stimmt sicher nicht. Daher ist die Aussage von Herrn Platter mit “Falsch” zu bewerten.

Fotocredit Günther Platter (Kleines Bild):