In Zeiten von Rückblicken auf das verschriene Jahr 2016 ist es vielleicht besser, nicht zu viel zurückzuschauen. Sondern nach vorne. 2017 wird ein politisch interessantes Jahr. Was es so interessant macht? Zum Beispiel, dass Donald Trump US-Präsident wird – und wie sich die Welt dadurch verändern wird.
Im Wahlkampf machte Trump recht widersprüchliche Aussagen darüber, was er zu tun gedenke – einerseits einen noch härteren Krieg gegen den Terror, andererseits eine eher isolationistische Rolle in der Weltpolitik. Auch die Wirtschaft könnte unter ihm abgeschottet werden: Er wolle Unternehmen dazu zwingen, in den USA zu produzieren und Arbeitsplätze zu schaffen, oder einen Handelskrieg mit China anfangen. Der Chef der österreichischen Wirtschaftskammer, Christoph Leitl, wird im “Kurier” dazu zitiert:
Wenn die USA Zölle einführen, würde sich die Welt zurück zu abgeschotteten Märkten entwickeln, “das kann sich die USA selbst gar nicht leisten, sie ist eine offene Volkswirtschaft und liefert in viele andere Kontinente, daher glaube ich nicht, dass das so kommt”, sagte Leitl auf eine entsprechende APA-Frage.
Dabei kann allerdings nicht berücksichtigt werden, dass die neue US-Administration eventuell politische Schritte setzt, die indirekt negative Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit in Österreich haben kann. Dazu zählen etwa eine Erhöhung der generellen Unsicherheit mit Wirkungen auf den Vertrauenskanal, politische Turbulenzen in Europa bzw. an den Rändern Europas, Wirkungen aus einer substantiellen Veränderung des Euro-Dollar-Wechselkurses und Wirkungen aus der Veränderung der Zinssätze, zum Beispiel als Folge einer möglicherweise ultra-expansiven Fiskalpolitik bei gleichzeitiger Senkung von Steuern und der Erhöhung von Staatsausgaben in den USA, was unweigerlich zu einer starken Erhöhung des Budgetdefizits und folglich des Schuldenstands führen würde. Insofern muss man sich bewusst sein, dass die ökonomischen Konsequenzen der Wirtschaftspolitik der neuen US-Administration für Österreich erst dann wirklich klarer werden, wenn ein einigermaßen kohärentes Wirtschaftsprogramm von Donald Trump und den relevanten Regierungsmitgliedern und beratend Tätigen vorliegt. (Hervorhebungen vom Autor)
Clemens Fuest, der Präsident des IFO-Instituts und Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft, hält in einem standpunktbetonten Beitrag unter anderem fest:
Es besteht durchaus die Gefahr, dass diese Politik das Vertrauen der Investoren in die Solidität der US-Staatsfinanzen erschüttert.
Eine Studie für das IFO wiederum hält schon im Abstract fest:
Simulationen mit dem ifo-Handelsmodell zeigen, dass eine Abschottung der USA mit erheblichen Wohlstandsverlusten für das Land verbunden wäre. Das BIP würde um bis zu 9% sinken, wenn die USA Importzölle von 45% und nicht-tarifäre Barrieren von 15% gegenüber allen Handelspartnern erheben und diese mit denselben Hemmnissen zurückschlagen würden.
Auch sonst werden protektionistische Maßnahmen generell in einem eher negativen Ton diskutiert. Der Chefvolkswirt des Kreditversicherers, Euler Hermes, beispielsweise macht Protektionismus für den “mauen Welthandel” verantwortlich. Der Direktor des Instituts für deutsche Wirtschaft, Michael Hüther, meint: “Wenn Trump zu machen versucht, was er im Wahlkampf so ziemlich wirr und zusammenhanglos erzählt hat, dann heißt das Abschottung, Isolation, Diskriminierung und explodierende Staatsverschuldung.” Der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Peter Praet, rief dazu auf: “Wir müssen ruhig sein, ruhiger als die Märkte”.
Das waren natürlich nicht alle Meinungen dazu. Der “Spiegel” schreibt zum Beispiel “Deutsche Ökonomen erwarten US-Aufschwung”. Dennoch geht ein großer Teil der Ökonomen davon aus, dass eine wirtschaftliche Abschottung, wie Trump sie im Wahlkampf skizziert hat, auch für die USA selbst negative Folgen haben könnte. Wichtig ist anzumerken, dass es sich bei Leitls Aussage um eine Vorhersage handelt und man diese nie mit 100-prozentiger Wahrscheinlichkeit treffen kann – der Punkt der Aussage: “Die USA können es sich nicht leisten”, ist aber tendenziell richtig.
Insofern ist Christoph Leitls Aussage – auch, wenn es eine Vorhersage ist – mit hoher Wahrscheinlichkeit als richtig zu bewerten. Trumps protektionistische Ansagen erinnern übrigens an die Politik des US-Präsidenten Herbert Hoover. Dieser erhöhte im Rahmen des “Smoot-Hawley-Acts” Importzölle, um die Wirtschaftskrise der 1930er zu bekämpfen – danach schrumpfte der Welthandel um 40 Prozent.