Die Stimmung zwischen FPÖ und ORF ist schon seit längerer Zeit zumindest angespannt. Gestern wurde  Norbert Steger als erster FPÖ-Vertreter zum Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates gewählt. In seinem Antrittsinterview in der ZIB2 gab sich Steger, zumindest was die Zukunft von Alexander Wrabetz als ORF-Direktor betrifft, versöhnlich, bezeichnete ihn etwa als “musikalischen Menschen”, was ihm persönlich sympathisch sei.

Das wichtige Gremium des Stiftungsrates besteht aus 35 Personen, dient der Kontrolle und Leitung des österreichischen Rundfunks und sichert den Einfluss der Parteien im ORF. Neun Aufsichtsratmitglieder stimmten gegen Steger, der in den letzten Wochen vor allem durch drohende Äußerungen zur Entlassung von ORF-Korrespondenten aufgrund von “nicht korrektem” Verhalten und der Kritik an Ungarn-Berichterstatter Ernst Gelegs im Gespräch war. 25 stimmten für ihn: Neben den 23 FPÖ und ÖVP-nahen Mitgliedern erhielt er eine Stimme vom burgenländischen SPÖ-Stiftungsrat Werner Dax und vom von der Regierung entsandten Vertreter der katholischen Kirche, Alfred Trendl.

 

Am Donnerstag war Steger zum Antrittsbesuch in der ZIB2 bei Nadja Bernhard, bei dem die Moderatorin ihn mit angeblichen früheren Aussagen konfrontierte, die Steger klar abwies, je getätigt zu haben. Bernhard wollte von Steger etwa Näheres über die Zukunft des derzeitigen ORF-Direktors Alexander Wrabetz wissen:

Bernhard: “Die jetzige Geschäftsführung ist bis 2021 gewählt. Nach der Wahl von Alexander Wrabetz haben Sie gesagt, das ist eine Wahl für ein Jahr. Jetzt sind wir glaube ich schon im zweiten Jahr. Die Mehrheiten haben sich geändert im Stiftungsrat. Werden Sie Alexander Wrabetz abwählen?”

Steger: “Bitte, davon ist überhaupt keine Rede.”

Bernhard: “Haben Sie gesagt, auf ein Jahr.”

Steger: “Nein, das habe ich nie gesagt. Ich habe gesagt, das Gesetz gilt auf ein Jahr. Ich habe den Versuch gemacht, ob es das neue Gesetz [ORF-Gesetz, Anm.d.Red.] bald gibt. Das ist vollkommen eindeutig von der Kanzlerpartei jetzt gesagt worden, das wollen wir sehr in Ruhe diskutieren. Aber es ist unstrittig, dass es das neue Gesetz geben wird.”

Etwas später meinte Steger dazu noch:

“Doktor Wrabetz soll seine Arbeit machen. Ich habe ihn daran zu erinnern, dass er seine eigenen Ankündigungen umsetzt. Wenn er die macht, ist er ein unstrittiger Generaldirektor und von Abberufung hat überhaupt niemand in der Regierung geredet.”

Noch kurz vor der Wahl Wrabetz’ 2016 hatte Steger, der damals Gegenkandidat Richard Grasl unterstützt hatte,  erklärt: “Das ist eine Abstimmung für ein Jahr, ab 1. Jänner, dann gibt’s Neuwahlen. Die Freiheitliche Partei hat mich bereits beauftragt, ein neues ORF-Gesetz zu machen, denn ohne Reformen wird’s nicht gehen” und deutete damit an, dass er einen Machtwechsel für 2018 für wahrscheinlich halte, wie es nun auch der Fall ist.

Noch im März war Steger selbst außerdem kein großer Wrabetz-Fan gewesen. “Wrabetz kann nur bleiben, wenn er den ORF erneuert. Schafft er das nicht, brauchen wir jemand anderen”, meinte er damals.

 

Auch aus Regierungsreihen war dieser Ruf, anders als von Steger behauptet, zu hören gewesen. Während des gerade andauernden Streites um den falsch gesetzten Schnitt bei einem Beitrag über den Tiroler FPÖ-Spitzenkandidat Markus Abwerzger, das seine Zustimmung zu einer antisemitischen Äußerung suggerierte, hatte Wrabetz angeblich versehentlich ein Posting geliked, auf dem FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sowie drei NS-Verbrecher abgebildet sind. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky reagierte damit mit einer Rücktrittsforderung an Wrabetz: “Dieser neuerliche Skandal um den ORF muss nun endlich zu Konsequenzen führen. Ich fordere um eine sofortige Klarstellung zu diesem empörenden Verhalten des ORF-Generaldirektors. Es kann nicht sein, dass Wrabetz ein solch ungeheuerliches Statement eines linksradikalen Aktivisten mit einem ‚like‘ auszeichnet. Ein solches Verhalten ist eines Generaldirektors mehr als unwürdig und müsste einen sofortigen Rücktritt zur Folge haben “, so Vilimsky.

Dass er nie gesagt habe, dass Wrabetz nur auf ein Jahr gewählt sei und von einer Neubesetzung nie die Rede gewesen sei ist also falsch. Die Aussage wird daher von uns mit “falsch” beurteilt.

Übrigens: In der Diskussion um seine Aussage zur Streichung ein Drittel aller Korrespondenten-Stellen meinte Steger im ZIB2-Interview: “Es gibt ja Gegenden, wo es überhaupt keine Korrespondenten gibt, zum Beispiel Afrika. Das ist durchaus interessant, das zu entwickeln.” Auch das ist falsch. Der ORF betreibt mit Karim El-Gawhary ein Büro in Kairo.

 

Disclaimer: Eva Wackenreuther ist nicht nur Autorin für Fakt ist Fakt, sondern arbeitet auch für Reporter ohne Grenzen.

 

Fotocredit Norbert Steger (Kleines Bild): ORF/Thomas Ramstorfer | Alle Rechte vorbehalten