Heinz-Christian Strache war am 3. Juni im Ö1-Mittagsjournal zu Gast. Interviewer Edgar Weinzettel eröffnete das Gespräch mit der Frage, was der FPÖ-Obmann vom Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen halte. Obwohl Strache die Entscheidung Trumps als „sehr bedauerlich“ bezeichnete, stellte er den menschengemachten Klimawandel in Frage:

 „Das ist eine wissenschaftliche Debatte, die wir nicht zu führen haben. Das haben Wissenschaftler zu führen und viele Wissenschaftler meinen eben, dass der Klimawandel immer selbstverständlich stattgefunden hat und dass wenn wir zurückblicken ins Mittelalter, dann war’s zum Teil wärmer, ein paar Jahrhunderte davor war’s kälter. Das sind natürliche Entwicklungen. Grönland war einmal ein grünes Land, mit Weinanbau, und das ist nicht in der Regel von Menschenhand entstanden.“

Ja, Grönland war tatsächlich einmal grün – vor circa 2,5 Mio. Jahren. Nur zu Einordnung: Das war in der Altsteinzeit und lange vor der Sesshaftigkeit des Menschen, geschweige denn der menschlichen Fähigkeit, alkoholhaltige Genussmittel anzubauen. Seitdem ist Grönland zum Großteil von einer kilometerdicken Eisschicht bedeckt. Aber warum heißt Grönland dann so?

„Grünes Land“ – 1.000 Jahre alte Fake News

Die Herkunft von Wörtern ist Jahrhunderte nach der Entstehung natürlich schwer zu belegen. Laut isländischen Sagen handelte es sich aber um einen PR-Gag: Demnach flüchtete der Wikinger Erik Thorvaldsson um das Jahr 1000 von Island nach Grönland und nannte es, trotz der dicken Eisschicht, Groenland – grünes Land, um Zuwanderer anzulocken. Außerdem war der Name „Eisland“ ja schon an seine Heimat vergeben…

Zu dieser Zeit war es dort – aufgrund der mittelalterlichen Warmzeit – etwas wärmer als heute. Archäologische Funde bestätigen, dass die Wikinger Kühe und Schafe hielten, wenn auch fast ganzjährig in Ställen. Außerdem wurde die kälteresistente Gerste angebaut, andere Getreidearten waren problematisch. Den Großteil des Nahrungsbedarfs deckten sie immer noch durch Fischfang. Von Weinbau keine Spur. Die „kleine Eiszeit“ im 13./14. Jahrhundert überlebten die Wikinger übrigens nicht.

Svend Funder, Geologe an der Universität von Kopenhagen bringt es auf den Punkt: “Ich versichere Ihnen als Geologe: Die letzten Weinpflanzen in Grönland waren jene in Nussuaq im frühen Paläozen, vor 60 Millionen Jahren.“

Der Mythos vom Wein

Doch woher kommt das Gerücht vom Weinbau in Grönland? Vor allem amerikanische Klimaskeptiker beziehen sich darauf, um zu beweisen, dass das Klima sich schon immer verändert und der Mensch darauf keinen Einfluss hat. Im deutschsprachigen Sprachraum verbreitete vor allem der inzwischen verstorbene Biologielehrer Ernst-Georg Beck den Mythos auf seiner Webseite. Den menschengemachten Klimawandel sah Beck als „globales Finanzprojekt zum Abschöpfen von Steuergeldern.“

Die Argumente Becks klingen auf den ersten Blick plausibel. Jedoch werden oft Fakten ausgelassen, Diagramme verfälscht, es fehlen wichtige Quellen. So bleibt Herr Beck uns auch schuldig, wo man nachlesen kann, dass in Grönland Wein angebaut wurde.

Ray Weymann, Astrophysiker von der Princeton University und dem California Institute of Technology glaubt, es zwei Gründe für den Mythos geben könnte. Ein bestimmter Teil Nordamerikas wurde von den Wikingern als „Vineland“ bezeichnet. Außerdem bauten sie auf Grönland „Vin“ an, was auf altnordisch auch Beeren oder Gras sein kann.

Wie auch immer das Gerücht entstanden ist – Weinbau gab es in Grönland jedenfalls nie. Straches Aussage ist daher falsch.

Fotocredit Heinz-Christian Strache (Kleines Bild): Parlamentsdirektion / Photo Simonis