Für die Grünen ist nicht alles optimal verlaufen. Nachdem die Jungen Grünen, eine Splittergruppe in Kärnten und Partei-Urgestein Peter Pilz unabhängig von der Mutterpartei kandidieren wollen, spricht man eher nicht über die Kernthemen der Partei. Es ist also gerade schwierig für sie, sich gut zu verkaufen.

Versucht hat das Bundessprecherin Ingrid Felipe im ORF-Sommergespräch mit Tarek Leitner. Neben verkehrs-, umwelt- und gesellschaftspolitischen Diskussionen wies Frau Felipe nämlich auch auf den relativen Erfolg der Grünen in Österreich hin:

“Es hat sich sehr viel verändert in den vergangenen 30 Jahren. (…) Das macht etwas mit einer Partei, da muss man dann auch die internen Abstimmungsprozesse und die Zusammenarbeit verbessern und schauen, wie man sich in dieser Breite, die wir gewonnen haben – wir sind die erfolgreichste Grün-Partei in ganz Europa – dass man da anders zusammenarbeitet.”

Das klingt nach einem starken Ergebnis, ist aber durchaus denkbar. Quer durch Europa sind die Grünen eher Kleinparteien, in vielen Ländern sind sie noch gar nicht vertreten. Im Europaparlament arbeiten viele grüne Parteien mit Links- und Linksaußen-Parteien in Fraktionen zusammen, da nur klassische Grünparteien keine so große Verhandlungsstärke haben würden. Das führt auch zu “Sonderfällen” bei der Einteilung, wie wir später noch zeigen werden. Sieht man sich aber nur die Wahlergebnisse quer durch Europa an, kommt man auf die folgenden Werte:

Das zeigt: Mit über zwölf Prozent der Stimmen sind die österreichischen Grünen an der Spitze der europäischen Grünparteien. Auch in Luxemburg, Finnland und Deutschland sind die Grünen beachtlich vertreten, in den Niederlanden konnten sie erst dieses Jahr einen Achtungserfolg erzielen. Kaum wahrnehmbar wiederum sind ihre Kollegen aus dem Vereinigten Königreich und Irland.

Es sieht also aus, als wäre die Aussage von Felipe korrekt. Dabei muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass diese Einteilung nicht einfach ist. In einigen Ländern – zum Beispiel Ungarn – kandidieren grüne Politiker und Parteien in “Blöcken” oder Wahlbündnissen mit anderen Parteien. Und wieder andere, teils sehr erfolgreiche Parteien kann man durchaus als “grün” bezeichnen, auch, wenn sie keine klassischen grünen Parteien sind.

In Griechenland zum Beispiel teilt sich die linke Regierungspartei SYRIZA mit grünen und linken Parteien eine Fraktion im Europaparlament. Sie als “grüne Partei” zu bezeichnen wäre jedoch weit hergeholt. Obwohl sie neben rot auch grün in ihren Parteifarben haben und auch grüne Anliegen dort tendenziell vertreten werden, ist Syriza auch eine Partei verschiedener kommunistischer Strömungen, der Parteiname bedeutet auf Deutsch “Radikale Linke”. Und in Italien hatte die 5-Sterne-Bewegung (Movimento Cinque Stelle) zwar auch ihren Anfang als Öko-Partei, aber auch sie ist eher eine populistische Linkspartei. Sie führt momentan in den Umfragen.

Die Einteilung, was im weiteren Sinne eine “grüne Partei” sein kann, ist also problematisch. Wenn man davon ausgeht, dass die griechische Syriza eine Grünpartei ist, müsste man ignorieren, dass sich das Parteiprogramm und die Schwerpunkte von den restlichen grünen Parteien stark unterscheiden. Die Partei des Premierministers Alexis Tsipras ist viel, aber nicht eine klassische Umweltschutz-Partei – sondern eher ein Sammelbecken für Linke, von Sozialdemokraten über Grüne bis zu Kommunisten verschiedener Lager. Wenn man diese Besonderheiten ausklammert, könnte man auch konservative Parteien schnell zu “grünen” Parteien erklären.

Wenn man davon ausgeht, dass es sich bei diesen Parteien nicht um Grün-Parteien handelt – was wir in diesem Fall tun -, stimmt Felipes Aussage. Wenn man sich klassische grüne Parteien ansieht, sind die österreichischen Grünen die stärkste Partei ihrer Art in Europa.

Fotocredit Ingrid Felipe (Kleines Bild): Rottensteiner/Land Tirol | CC-BY-SA 4.0